
Ich habe mich wiederholt über die offizielle Begründung Israels und jetzt auch der USA für den Angriff auf den Iran gewundert. Inzwischen kenne ich das möglicherweise wahre Motiv dafür, dass gewisse Kreise den Iran ins Mittelalter zurückbomben wollen.
Der Elefant im Raum, über den man nicht (öffentlich) spricht
Eine wirksame Methode für ein Imperium zur Beherrschung der Welt besteht in der Fähigkeit, allen potenziellen Konkurrenten jederzeit die Lebensadern, sprich die Handelswege, abschneiden zu können. Der internationale Handel geschieht ja in erster Linie über das Meer, denn der Hauptfestlandkomplex Eurasien ist ja ständig so in sich zerstritten, dass die historische Seidenstraße bisher auch Historie blieb.
Bereits führende Strategiepapiere des Britischen Weltreiches legten Wert darauf, Asien und Europa in ständigem Konflikt zu halten, so dass sie ihre überlegende Seemacht jederzeit nach Belieben gegen Konkurrenten ins Spiel bringen konnten. Die USA als würdiger Nachfolger Großbritanniens scheint diese Strategie übernommen zu haben. Schließlich benötigt man zur Verteidigung der eigenen Grenzen keine 11 Flugzeugträger und Hunderte von Militärstützpunkten weltweit. Und ich wüsste auch nicht, welche UN-Vollversammlung die USA zum Weltpolizisten ernannt hätte.
Alle Versuche, eine moderne Seidenstraße von Asien, insbesondere China, nach Europa zu etablieren, scheiterten bisher. Vielleicht bis auf die eine Ausnahme der Nordstream-Pipeline. Aber was aus der geworden ist, wissen wir ja. Und die Frage, wer sie wirklich gesprengt hat, ist ein Elefant im Raum, den keiner sehen will und über den ich hier mal lieber nicht spreche.
Doch dieser Elefant hat Geschwister!
Völlig unbemerkt von der westlichen Öffentlichkeit wurde nach Jahren der Planung und des Baus im Mai 2025 eine Eisenbahn zwischen Shanghai und Teheran eingeweiht.
Der Hauptvorteil dieser neuen Strecke ist vermutlich noch nicht einmal die Halbierung der Transportzeit von 30 auf 15 Tage, sondern die Tatsache, dass diese neuen Güterströme sich nicht um westliche Sanktionen und Kontrollen kümmern müssen. Denn sie verlaufen ja übers Festland, nicht über das Meer, womit die Flugzeugträger zumindest teilweise nutzlos werden.
Die USA und die EU sind somit komplett außen vor. Und weitere Seidenstraßen sind in Vorbereitung. Als Konsequenz dürfte es zu einer - zwar allmählichen, vermutlich aber unumkehrbaren - globalen Verschiebung der Wirtschaftsmacht kommen. Es dürfte den bereits begonnenen Untergang des US-Dollars beschleunigen, denn den braucht im Grunde kein Mensch außerhalb der USA.
Merkwürdiger Kriegsgrund
Die offizielle Begründung des Angriffs Israels und nun auch der USA auf den Iran war sowieso von vornherein hanebüchen. Tulsi Gabbard und Rafael Rossi von der internationalen Atomenergiebehörde IAEO hatten ja öffentlich bestätigt, dass es keinerlei Beweise dafür gebe, dass der Iran eine Atombombe bauen will. Auch sonst kann offenbar niemand Beweise vorlegen. Das ganze erinnert fatal an die Behauptung der US-Regierung, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen.
Umgekehrt ist es aber gleichzeitig ein wenig befremdlich, dass es der Iran bisher versäumt hat, öffentlich von Israel die Zulassung von Kontrollen der Nuklearanlagen auf israelischem Gebiet durch die IAEO zuzulassen. Gleiches Recht für alle, oder?
Der Grund für diese Zurückhaltung ist möglicherweise das Wissen aller Beteiligten, worum es in Wahrheit geht: Die Zerstörung der neuen Seidenstraße auf dem Gebiet des Irans und damit die Zerstörung der neuen Handelsströme, die dem Einfluss der USA geschickt und wirkungsvoll ausweichen wollen.
So "nebenbei" ist der Iran ja auch noch ein zentraler Baustein der BRICS-Staatengemeinschaft und der geplanten Nord-Süd-Seidenstraße, die von Russland über das Schwarze Meer bis an die iranische Pazifikküste führen soll.
Ein fataler Irrtum des Donald Trump?
Trump scheint tatsächlich zu glauben, er könne die Herrlichkeit der USA dadurch wiederherstellen, indem er der Weltgemeinschaft weiterhin den US-Dollar als Handelswährung und die westlich dominierten Abrechnungssysteme aufzwingt und die internationalen Seewege kontrolliert.
Ich halte das für ein vergebliches Bemühen. Der Globale Süden, der in Zukunft eine immer größere wirtschaftliche und damit auch politische Rolle spielen wird, hat die ewigen leeren Versprechungen und gebrochenen Verträge der USA, der EU und der NATO zunehmend satt. Und versammelt sich im Augenblick um Wladimir Putin bei der großen jährlichen Veranstaltung in St. Petersburg, denn Russland hat sich bisher sehr erfolgreich als verlässlicher Partner präsentiert und begegnet anscheinend allen Präsidenten auf Augenhöhe. Internationaler Interessensausgleich, so er denn ernst gemeint ist und tatsächlich umgesetzt wird, wäre tatsächlich eine gangbare Formel für künftigen Weltfrieden.
Eine Formel, die weder die USA noch der kollektive Westen dem Globalen Süden anbieten können oder wollen.
Und was kann ich tun?
Nun, ich habe ja keinen direkten Einfluss auf das Weltgeschehen, aber ich habe Einfluss darauf, welche Nachrichtenquellen ich konsumiere und wie ich sie innerlich verarbeite. Damit habe ich Einfluss darauf, ob ich der Kriegsrethorik verfalle, die uns genau vorschreiben will, wer als "die Guten" und wer als "die Bösen" anzusehen sind. Manchmal ergibt sich aber auch eine Gelegenheit, lokal, d. h. in der Kommunalpolitik, aktiv zu werden und ein hoffentlich friedvolles Gemeinwesen mitzugestalten. Es gibt viel zu tun, packen wir es an...
Weitere Infos:
https://www.eurasiantimes.com/first-freight-train-from-china-wheels-into-iran/
https://tkp.at/2025/06/20/chinas-neue-seidenstrasse-hat-den-dollar-einfach-ausgebootet/
https://www.specialeurasia.com/2025/06/09/iran-china-railway-eurasia/